08.12.23 – Rohstoffe effizient zurückgewinnen
Wie lassen sich die Rücklaufquoten für Elektroaltgeräte steigern?
Elektroaltgeräte müssen auch vom Handel zurückgenommen und dem Recycling zugeführt werden. Doch die Rücklaufquoten sind noch sehr steigerungsfähig. Mit möglichen Lösungen hat sich der Recyclingexperte Dr. Helmut Spoo von der Dr. Spoo Umwelt-Consulting (SUC) in Aachen befasst.
EU-weit hat das Abfallaufkommen an Elektroschrott – wobei der Begriff Schrott bei genauerer Betrachtung nicht immer zutrifft – mit 4,7 Mio. Tonnen im Jahr 2020 einen neuen Höchststand erreicht. In Deutschland stieg die Menge innerhalb eines Jahres um 9 % Prozent auf mehr als 1 Mio. Tonnen. Die seit dem Jahr 2019 in der EU gültige Mindestsammelquote von 65 % wurde mit zuletzt 38,6 % deutlich unterschritten. Gerade im Hinblick auf absehbare Versorgungsengpässe – und aus Nachhaltigkeitsgründen – werden die Rücknahme und Verwertung von Elektro- und Elektronikgeräten nach Gebrauch fraglos aber immer wichtiger. Die zu geringen Rücklaufquoten sind also ein nicht zu unterschätzendes Problem, spielen doch Rücknahme und anschließendes, fachgerechtes Recycling für ein nachhaltigeres Wirtschaften eine zentrale Rolle.
Rücknahme- und Informationspflichten auch im Handel – empfindliche Bußgelder drohen
Gemäß Elektro- & Elektronikgerätegesetz („ElektroG“) müssen Altgeräte aus privaten Haushalten unter anderem vom Vertreiber, also dem Handel, zurückgenommen werden. Oftmals werden diese gesetzlich vorgegebenen Rücknahmepflichten nur in unzureichendem Maße umgesetzt. Das betrifft auch die (ebenfalls gesetzlich vorgeschriebene) Informationspflicht des Handels für den Verbraucher, laut ElektroG: „gut sicht- und lesbare, im unmittelbaren Sichtbereich des Kundenstroms platzierte Schrift- oder Bildtafeln“. Gerade diese Information wird dringend gebraucht: Gemäß einer Befragung der gfu Consumer & Home Electronics GmbH und der Strategieberatung Oliver Wyman ist mangelnde Aufklärung des Verbrauchers der Hauptgrund für die geringen Sammel- und Recyclingquoten bei Elektroaltgeräten. Eine große Unkenntnis über Rückgabe- und Recyclingmöglichkeiten bremst eine effiziente Kreislaufwirtschaft von elektrischen und elektronischen Geräten aus.
Fehlende Information und nicht erfolgte Rücknahme stellen zudem eine Ordnungswidrigkeit dar. Diese wird laut ElektroG mit einem Bußgeld belegt (Bußgelder bei nicht gesetzeskonformer Information des Verbrauchers bis zu 10.000 EUR, bei nicht erfolgter Rücknahme bis zu 100.000 EUR). Die Deutsche Umwelthilfe hat bereits mehrere von der Rücknahmepflicht betroffene Handelsunternehmen erfolgreich verklagt, weitere Klagen sind bereits eingereicht.
Das alles zeigt: Eine Lösung muss her. Und es gibt bereits erste Ansätze: Mit dem Konzept „Product Mining® – Rohstoffe aus Produkten“ und der Teilnahme an dem im Folgenden aufgezeigten Rücknahmesystem unterstützt die SUC den Handel bei der einfachen und praxisorientieren Umsetzung der Rücknahmepflichten.
„Product Mining® – Rohstoffe aus Produkten“
Das Konzept der SUC unterscheidet sich wesentlich von der bislang üblichen Entsorgung von Elektroaltgeräten: Im Gegensatz zur herkömmlichen Entsorgung von Elektroaltgeräten, bei der beim Schreddern wertvolle Ressourcen oft verloren gehen, setzt dieses Konzept auf Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung. Ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal des „Product Mining®“-Konzeptes ist die Wiederverwendung von elektronischen Bauteilen, wie Speicherchips, gemäß der europäischen Abfallhierarchie. Dies schafft einen Mehrwert und verringert die Umweltauswirkungen, da keine Primärrohstoffe verwendet werden müssen. Zudem werden Energie und CO2-Emissionen, die mit der Primärrohstoffgewinnung verbunden sind, eingespart. Nicht wiederverwendbare Komponenten werden verwertet (Recycling). Dabei liegt der Fokus auf der Rückgewinnung versorgungskritischer Rohstoffe, wie beispielsweise Metalle der Seltenen Erden. Diese werden mit einem speziellen, patentierten Verfahren zurückgewonnen.
Einzelhandelsunternehmen können von der SUC auf freiwilliger Basis zertifiziert werden. Die Zertifizierung (siehe Bild) beinhaltet die Schulung der Mitarbeiter, eine gesetzteskonforme und deutlich lesbare Schrifttafel in der Verkaufsstelle sowie das Aufstellen eines Sammelbehältnisses für Elektrokleingeräte. Das Zertifikat darf dabei auch für Werbezwecke im Internet oder in Broschüren sowie für die Außendarstellung verwendet werden.
Mit einer Teilnahme erreicht der Handel zweierlei: Zum einen leistet er durch die verbesserte Information des Endverbrauchers einen wichtigen Beitrag zur Steigerung der Sammelquoten und damit auch einen Beitrag zum Ressourcen- und Klimaschutz. Zum anderen können Händler an den Rohstofferlösen aus dem Recycling partizipieren, denn die SUC bietet auch ein Rücknahmesystem für Altgeräte. Die daran teilnehmenden Händler werden zu einem späteren Zeitpunkt an den Erlösen beteiligt – ein durchaus lohnendes Modell für alle Seiten.